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R e d e - s t a b - r u n d e



A) Tradition der Redestabrunden:

mir bisher bekannt: Nordeuropa, Wikinger, Ureinwohner Nord und Mittelamerikas
im Englischen: Talking Stick = sprechender Stab


B) Ansatz:

Prozesse ohne Hierarchie in Gang setzen; Ähnlichkeiten zu: Selbsthilfegruppenprinzipien


C) geeignet für:

1) festgefahrene Situationen (vorder- oder hintergründiger) sozialer Art
2) Austausch und Weiterbildung
3) heterogene Gruppen, vielsprachige Gruppen bei denen es keine gemeinsame Sprache gibt
4) Rechtshirnlernen, Selbsterfahrung


D) Voraussetzungen:

1) Freiwilligkeit
2) Bereitschaft zu gegenseitiger Wertschätzung (Gleichwertigkeit)
3) Ergebnisoffenheit
4) Bereitschaft sich auf einen Prozeß einzulassen
5) Bekanntheit der Methode bei einem Überwiegenden Teil der Teilnehmer, sonst Einführungsrunden


E) Regeln:

1) Ort und Zeitpunkt des Beginns wird vom Veranstalter festgelegt.
2) Das Kommen und Gehen sind im Prinzip freigestellt (Festlegung ist möglich, aber nicht ratsam).
3) nur der Redestab erlaubt zu reden
4) alles bleibt in der Gruppe
5) über das in diesem Moment für mich wichtige kommunizieren
6) von sich reden (keine Ratschläge, keine Beurteilungen)
7) im Kreis nicht essen, schlafen (Prozeß nicht stören)
8) es ist durchaus möglich mit anderen Mitteln etwas mitzuteilen (singen, Körperübung für alle, usw.)
9) Ende: wenn der Stab einmal herumging, ohne daß etwas gesagt wurde


F) typischer Ablauf:

1) Dauer: 4-6 Stunden
2) 1. Phase: die Spannung, nicht erwidern zu können, ertragen
3) 2. Phase: Überkreuzung der Beiträge
4) 3.Phase: Abschaltung des Denkens mit der linken Gehirnhälfte, Einschaltung des Rechthirndenkens = Floating
5) Vernetzung der Beiträge, völlig unerwartete "eigene", kreative Beiträge (man hat das Gefühl, der Stab spräche = sprechender Stab = Talking Stick!!!)




G) Folgen:

1) keine "linkshirnigen" konkreten Ergebnisse, vielmehr langfristige "Nachwirkungen":

a) Gefühl, daß sich wieder etwas bewegt (in mir selbst, in der Gruppe, in der Welt ...)
b) andere Teilnehmer innerhalb kürzester Zeit als Menschen in ihrer Ganzheit erleben, "der Mensch wird wieder zum Menschen", auch ich selbst werde mir wieder menschlich!
c) Vertrauen in das Leben und in die Menschheit, indem diese wieder als Prozeß erlebt werden
d) in Organisationen: Herabsetzung von Fluktuation, innerer Kündigung, Gefühlen der Ausweglosigkeit bzw. des Ausgegrenztseins, Verminderung von Mobbing usw.

2) man lernt "mit dem Herzen" zu hören und zu sprechen
3) Redestabrunden über längere Zeit geführt, ergeben ein wertvolles Feedback meiner Fähigkeiten, ( von anderen aber auch allein von dem was da auf einmal an Schätzen aus mir entströmt
4) gegenseitige Empfehlungen treten an die Stelle von sterilen Zeugnissen (z.B. bei Rederunden als Fortbildung usw.)
5) Freisetzung brachgelegener Potentiale.
Beispiel: In der Runde geäußerte Wünsche (ich brauche unbedingt ein...) verselbständigen sich, und fast immer findet sich über jemanden in der Runde genau jener Gegenstand, der ungenutzt irgendwo herumstand.


H) Vorteile:

1) kostengünstig
2) auch ohne immer anwesend zu sein, bzw. alles zu verstehen, bekommt man alles mit (Hologrammeffekt): dies erlaubt eine Freiheit zu kommen und zu gehen, Pause zu machen und so weiter, wie es einem gut tut
3) alle sind einbezogen, alle Beiträge sind gleich wichtig, denn auch kleinste Beiträge entpuppen sich zu wahren Steinbrüchen der Assoziation
4) es gibt keine Vorteile mehr für "Schnelldenker", "Laut-sprecher", ...
5) es ist geregelt, wann ich dran komme ( Aufhebung von Konkurrenzbedingungen)
6) jeder kann so sein, wie er ist und steuert dadurch auch noch wichtige Puzzleteile zum Gesamtbild bei
7) keine Sprachbarrieren in mehrerlei Hinsicht


I) Ausblicke:

Bisher wurden Redestabrunden in Deutschland eingesetzt in Kindergärten, Grundschulen, Konflikten in Grundschulen zwischen Eltern von Schülern, mit Kindern in Mutterhäusern, als Aussprache in Beziehungen, in einer Frauengruppe, auf Festivals, in einem Gartenbaubetrieb, in Supervisionen. Dies sind jedoch nur die Einsätze, die mir zu Ohren gekommen sind.
Meine Visionen diesbezüglich sind:
Redestabrunden
als Grundstruktur von Organisationen;
als Grundstruktur einer "Selbsthilfe-Politik" ;
als Grundstruktur einer Rechtshirn-Universität.
Meine grundlegendere Haltung, die mich schon seit langer Zeit zu diesem Thema geführt hat:
der Mensch braucht den Menschen, wenn komplexe Probleme anstehen;

jeder weitere Mensch, der wertgeschätzt wird, ist eine Bereicherung für diesen Planeten.

"Schwaches überwindet das Starke, Weiches überwindet das Harte" (TaoTêKing LXXVIII).


J) Literatur:

Feyerabend, Paul: "Wider den Methodenzwang", Frankfurt a.M. 1983, 3.Aufl., Suhrkamp.

Wie der Titel schon sagt: Methoden werden festgelegt. Von wem? Warum?


Gronemeyer, Marianne: "Die Macht der Bedürfnisse", Hamburg 1988, Rowohlt.

"Der Eindimensionalität des Faktischen nicht trauen, der Fiktion widerstehen, daß die Äußerungs- und Erscheinungsformen des Lebendigen (und des Toten) sich in dem, was sie sind, erschöpfen, Entdeckungslust an den überschießenden, unverwirklichten, widersprechenden Gehalten der Dinge, das hat den Gang dieser Arbeit bestimmt."(S.279)


Illich, Ivan: "Vom Recht auf Gemeinheit", Hamburg 1982, Rowohlt.

Über die Verarmung durch Beseitigung des Eigenen.


Lao-Tse: "Tao Tê King", Zürich 1992, 9.Aufl., Manesse

Ja was soll ich dazu sagen? Rechtshirner werden ihn lieben.


Moeller, Michael Lukas: "Selbsthilfegruppen", Hamburg 1996, Rowohlt.

Viele der darin besprochenen Prinzipien gelten auch für Redestabrunden.



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